Erfinderkinder!

Der zweite Hackathon am Schönbuch-Gymnasium Holzgerlingen

Es war bereits der zweite Hackathon am Schönbuch Gymnasium Holzgerlingen, kurz SGH, der Schülerinnen und Schüler dazu einlud, ihre Ideen zu verwirklichen.

Wie? „Hackathon“ haben Sie noch nie gehört? Bei „Hackern“ denken Sie nur an Internet-Bösewichte und Codeknacker? Weit gefehlt!

Als Hacker bezeichnen sich nicht nur die besagten „Kriminellen“, sondern auch eine Gemeinschaft aus Bastlern, die mittels Software und Hardware Ideen umsetzen, die meist einen sehr reellen Nutzwert haben. Einen anderen Namen, den diese Gemeinschaft trägt ist auch „Maker“ (sgm.: Macher, Tüftler) und so treffen sich diese seit einigen Jahren auf sogenannten „Makerfaires“ und „Hackathons“. Hackathon ist übrigens eine Wortverbindung aus „Hacken“ (frei: Basteln, Modifizieren) und Marathon.

Die Veranstaltung wurde von den Maker-Veteranen Guido Burger und Gerhard Bäurle in Zusammenarbeit mit dem Rektor des SGH Herrn Schimmer ins Leben gerufen und organisiert. Als Schirmherren konnte man Holzgerlingens Bürgermeister, Herrn Ioannis Delakos, gewinnen. Die Kosten der Arbeitsmaterialien wurden unter anderem durch Sponsorengelder finanziert. Auch levigo hat sich – wie bereits im letzten Jahr – als Sponsor am Schüler-Hackathon beteiligt.

Nun traf sich am 5. und 6. April eine kleine Gruppe Gymnasiasten und baute in knapp 12(!) Stunden aus einer Idee nicht nur ein konkretes „Ding“, sondern erstellte auch noch jeweils eine Präsentation. Letztere wurde vor Juroren, Eltern und Interessierten bei der großen Abschlußveranstaltung gehalten.

Mal ehrlich, das ist schon eine beachtliche Leistung – auch wenn durch ein lückenhaftes WLAN die meisten „Live-Demos“ ein wenig holprig waren.

Obwohl den kleinen „digitalen Helden“ die Anstrengung anzusehen war, gaben sie zur Abschlußpräsentation noch einmal alles. Umso glücklicher – und stolzer(!) – hielten sie zum Schluss ihre von Herrn Delakos überreichten Teilnahmeurkunden in die Kameras. Auf das Festlegen von Gewinnern konnte sich die Jury auch dieses Mal nicht einigen. Zu schön und interessant waren alle Projekte, um das Eine über das Andere zu stellen.

Alle Kinder erhielten für ihre Projekte praktische Starterkits, die neben einem Entwickler-Board namens „Octopus“ auch diverse darauf abgestimmte Bauteile für kleinere elektronische Schaltungen, enthielten. Daneben stand den Kindern der Materialvorrat und der – meiner Meinung nach beachtliche – Werkzeugfundus der Schule zur Verfügung.

Um Unfälle an den Gerätschaften zu verhindern, gab es sogenannte Coaches, die in ihren grünen Hackathon-Shirts den Teams mit Rat und Tat zur Seite standen und auch die Bedienung des einen oder anderen Werkzeugs übernahmen. Schließlich sollten alle Kinder auch mit acht Fingern und zwei Daumen wieder nach Hause kommen.

Programmiert wurde in Ardublocks, Arduino oder „einfach“ direkt in C. Zur Erinnerung: wir sprechen von 10-16 Jahre alten Mini-Makern!

Speziell bei den Coaches und anderen freiwilligen Helfern wünscht man sich allerdings ein wenig mehr Unterstützung aus der Elternschaft. Zu Recht, wie ich meine, denn was hier passiert ist Förderung von dringend benötigtem Nachwuchs über alle MINT-Bereiche hinweg. Bildung ist unser aller Auftrag.

Aber ich glaube es ist nun wirklich an der Zeit, Ihnen die tollen Projekte der Nachwuchs-Tüftler vorzustellen:

Das überwachte Aquarium

Zu Lebensrettern armer Fische fühlten sich die Schöpferinnen des überwachten Aquariums berufen. Aus gutem Grund: Infolge eines verstopften Filters im schuleigenen Aquarium ging dem einen oder anderen Fisch schon mal die Luft aus. Das war für die beiden Makerinnen ein unhaltbarer Zustand und so konzipierten sie ein kleines Test-Aquarium mit einer durchflußüberwachten Filtrierpumpe. Darüberhinaus wurde ein weiteres Octopus-Board zur Videoüberwachung verwendet.

Sobald also nun der Durchfluß an Wasser einen Grenzwert für eine gewisse Zeit unterschreitet, bekommen die Betreuer eine Nachricht auf ihre Smartphones. Passend dazu gibt es auch ein aktuelles Bild – ‚bitfrisch‘ aus der Videoüberwachung. Nemo bedankt sich!

Der Gießomat

Wir bleiben bei den Lebensrettern und versorgen diesmal die Pflanzen im heimischen Garten: Ein Hochbeet aus dem Supermarkt wurde von den drei Jungs zu einer überwachten Gießanlage mit Umweltüberwachung umgebaut. Hier wird nicht einfach zu festen Zeiten gegossen, nein es wird die Erdfeuchte gemessen und auch die Atmosphäre (Temperatur, Luftfeuchte und CO2) überwacht. Sollte den Pflanzen die Luft zu dick werden, so gibt der pfiffige Gießomat dem Gärtner in spe Alarm und öffnet außerdem die Lüftungsklappen mittels eines Modellbauservos. Die dazu notwendigen Teile wurden einfach 3D-gedruckt. Selbstredend werden alle Messwerte im Internet grafisch aufbereitet und dargestellt. Der Traum jedes Junggesellen! Ich jedenfalls habe mir die Namen der Jungen gemerkt.

Saugroboter „Kakerlake 3000“

Keine Scheu vor Krabbelvieh haben die drei kleinen Erfinderinnen, die den Saugroboter „Kakerlake 3000“ entwickelten.

Äußerst clever wurde hier ein sogenannter „Linienfolger“ als Unterbau für eine funktionierende Sauganlage genutzt. Die selbstgebaute Saugeinheit bestand aus einer PET-Flasche, der man den Boden abschnitt und dort einen ausblasenden Radiallüfter anbrachte. Als Saugrüssel fungierte ein Stück fingerdicken PVC-Schlauches. Und die Drei hatten weit gedacht, denn metallische Gegenstände, die den Lüfter hätten beschädigen können, wurden vorneweg per starkem Neodym-Magneten eingesammelt.

Leider ging der Kakerlake bei der Präsentation der „Saft“ aus und so konnten die Mädchen nicht zeigen, wie Ihr Roboter im Zufallsmuster Styroporkugeln und Büroklammern entsorgt. Als Juror konnte ich mich aber vorab davon überzeugen.

Der intelligente Kleiderschrank

Bleiben wir doch im Haushalt: Wäre es nicht schön, wenn man sich morgens die Klamotten nicht mühevoll selbst aussuchen müßte, und einem stattdessen – passend zum Wetter – der Kleiderschrank ein Set vor die Füße legen würde?

Das dachten sich auch die Jungs, die den intelligenten Kleiderschrank konzipierten. Dieser holt sich die Wetterdaten aus dem Internet und transportiert Kleidungsstücke über zwei Fließbänder und eine Rutsche sprichwörtlich vor die Füße der Erfinder.

Viel Feinarbeit entfiel hier auf den Bau eines würfelförmigen Rahmens aus Holz, der zwei Fließbänder und der Mechanik des Antriebs. Neugierig erkundigte ich mich über das Material der Fließbänder, was mir mit „Ha! Badeanzugstoff!“ beantwortet wurde. Leicht nachdenklich stellte ich mir die Mütter der Jungens mit einem rechteckigen Loch im Badeanzug vor…

Den Schlupf in der Mechanik der Fließbänder auf den hölzernen Antriebswellen lösten die Erfinder mittels kleiner Tropfen Heißkleber, der einmal erstarrt, wie Noppen fungiert und Traktion bringt. Natürlich fehlte auch hier nicht die obligatorische LED-Anzeige, die den Status der Ausgabe dokumentiert.

Brandmelder / Feuerlöschanlage

Kommen wir zurück zu den Lebensrettern. Sehr ernst ging es bei den Entwicklern der Brandlöschanlage zu. Ein großer Karton stellte einen abgeschlossenen Raum dar, in dem ein Feuer ausbricht, welches es natürlich zu löschen gilt. Ein professioneller Partikelsensor erfaßt die Rauchbelastung im Gebäude und auch die Temperatur. Bei Überschreitung von Grenzwerten wird nicht nur Alarm ausgelöst, sondern auch ein Lüfter zum Abzug des Rauches, sowie eine löschwassergespeiste Pumpe in Gang gesetzt.

Aufgrund der Brandvorschriften wurde der Grenzwert nicht mittels einer brennenden Kerze erzeugt, sondern durch Kreidestaub – sehr zum Leidwesen unserer zwei Feuerteufelchen.
Die Feuerwehr und der von Brandschaden Verschonte bedanken sich.

Der schlaue Briefkasten

Wer kennt das nicht… da ist man mal ein paar Tage fort und der Briefkasten quillt bei Rückkehr über. Blindwütig ist alles vollgestopft. Oder man läuft mal wieder zum Briefkasten, nur um festzustellen, das dort gähnende Leere herrscht. Diesen lästigen Umständen nahm sich die „Briefkastenbande“ an.

Der schlaue Briefkasten von heute meldet mittels Erfassung von Gewicht und eines Infrarotsensors nicht nur übers Smartphone, daß er voll ist. Nein, er tut das auch dem Postboten über eine LED-Laufschriftanzeige kund. Ein deutliches „Ich bin total voll!“ teilt den Jüngern des Götterboten Hermes deutlich mit, die Post eben bitteschön sauber vor die Tür zu werfen. Danke sehr!

Und dem Eigentümer des Briefkastens wird rechtzeitig und deutlich angezeigt, daß er sich doch bequemen möge, mal wieder für Leere zu sorgen.

Smart Home

Über die Automatisierung in Wohnhäusern machten sich die Jungs vom Team Smart Home Gedanken.

Aufwendig konstruierten sie ein Modellhaus und versuchten, dieses nicht nur mit einem mehrfarbigen Beleuchtungssystem sondern auch mit einem Smartphone-gesteuerten Aufzug auszurüsten.

Doch leider, leider wuchs den jungen Tüftlern die Arbeit schnell über den Kopf. Die Elektromechanik fraß viel Zeit, die Konstruktion des hübschen „Häusles“ ebenso und so stand man doch etwas zerknirscht vor der Jury, weil man doch so viel hatte zeigen wollen.

Aber auch das gehört zu einem Hackathon – die Erkenntnis, daß man eben nur einen begrenzten Zeitrahmen zur Verfügung hat und sich auch nicht jede noch so tolle Idee mit realistischem Aufwand umsetzen läßt. Den drei Jungens sei von mir gesagt: „Nicht aufgeben! Hinzufallen ist nicht schlimm. Es ist das Wieder-Aufstehen, das zählt.“ Und Eure Idee war toll – das zählt.

Media ex Machina – die Smartwatch, die nicht nur „Watch“ sein sollte

Als ich mit 14 meinen ersten Computer kaufte, hätte ich mir nicht träumen lassen, daß wir zu meinen Lebzeiten einmal soweit kommen: einen kompletten Smartwatch-Prototypen wollten drei Zehntklässler entwerfen und bauen.

Doch schnell wurde diesen klar, daß es viel mehr werden würde. Zur Präsentation stellte man dann ein selbstdesigntes Mediasystem mit Wetterinfo, Mediaplayer und Touchdisplay vor. Inklusive „Boombox“ und Spotify-Anbindung.

Alles selbstredend fernsteuerbar über das Smartphone. Da die Performance einzelner Octopoden nicht ausreichte, wurden diese prompt vernetzt. Verschiedene knifflige Softwareprobleme waren zu lösen, um die eigenen Grafiken auf die Displays zu bringen.
Hut ab – mit solchen Projekten darf man sich auch bei großen Firmen vorstellen!

Vorsicht, dicke Luft – der Luftgüte-Wächter

Hach, der Alltag als Schüler ist schon fordernd. Und als wenn es nicht schon schlimm genug wäre, daß man in 45-Minuten-Blöcken stillsitzen soll, so wird früher oder später die Luft in so einem Klassenzimmer deutlich grenzwertig. Um nicht zu sagen: es mieft.

Einmal von der Geruchsästhetik abgesehen werden auch die CO2-Werte deutlich schlechter, da knapp 30 Schüler und auch die Lehrkraft nach und nach den Sauerstoff aus der Luft ziehen.

Um dem drohenden Kollaps vorzubeugen entwickelte man also ein äußerst pfiffiges Gerät, welches ständig die Temperatur und Luftfeuchte, sowie die CO2-Werte erfaßt. Bei Erreichen von Grenzwerten wird per LED Alarm gegeben und natürlich die Aufforderung zur Öffnung der Fenster per Smartphone erteilt. Da nun aber Smartphones im Schulalltag nicht gerne gesehen werden, gibt das Gerät über mehrfarbige LEDs kund, ob man denn noch im erträglichen Bereich unterwegs ist. So weiß die Lehrkraft Bescheid, wann es Zeit für eine Atempause ist.

Pfiffig war das Design des Plexiglas-Ständers des Luftmonitors, weil er nicht nur zur Aufstellung auf einem Lehrerpult, sondern auch zum Aufhängen per Neodym-Magnet an der Tafel taugte. Selbstredend werden alle Meßwerte ins Internet übertragen und stehen dort zur Kontrolle oder zur Durchführung von Studien bereit.

Schlußgedanken

Viel zu schnell ging der „Hackathon 2019“ am Schönbuch-Gymnasium zu Ende. Viel wurde noch diskutiert und einige Ideen unter die Organisatoren gebracht. Es würde mich sehr freuen, auch in 2020 wieder einen Hackathon am SGH besuchen zu dürfen und ich kann alle Schüler nur ermutigen teilzunehmen.

Mein Dank gilt auch den Organisatoren, den anderen Sponsoren und natürlich der Schule – besonders Herrn Studiendirektor Schimmer – die einen solchen Event erst ermöglichten. Wie mir Herr Burger bestätigte, schafft man es bislang praktisch kaum, mit solchen Events an den Schulen zu landen. Das sollte uns alle nachdenklich machen!

 

Kommentare (1)

  1. Hallo, Michael, vielen Dank für diesen tollen Bericht – wenn das keine Werbung für den nächsten Hackathon ist :-))
    Du hast die Projekte und den Hackathon auf den Punkt beschrieben, man merkt Dir an, dass Du – wie wir alle – völlig fasziniert warst von all diesen schönen und nützlichen Dingen. Ich durfte als Juror am Samstag viele Projekte anschauen, Fragen stellen und mir alles erklären lassen. Hut ab und vielen Dank an Teilnehmer, Organisatoren, Sponsoren, Helfer, sonstige „gute Seelen“, Herrn Delakos und Herrn Schimmer und und und…
    Das Schulmotto unseres SGH wurde an dem Tag wieder einmal perfekt gelebt.
    Liebe Grüße an alle, vor allem natürlich an die Schüler, die so unermüdlich bei der Proektarbeit waren – keep on going!
    Hanna Bouwer

    j

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