Trachtendienstag mal anders, oder
Was hilft eigentlich gegen Stress?

Es war ein „Versuchsballon“: Auf einem bereits gut etablierten IT-Stammtisch mal ein völlig IT-fremdes Vortragsthema anzubieten. Eingeladen hatten wir hierfür den Mindset-Experten und Keynote-Speaker Christoph Hirsch, für den vor allem das Thema „Stress“ zu seinen Spezialgebieten gehört. Und mit Stress, dachten wir, haben wir ja schließlich alle schon so unsere Erfahrungen gesammelt – nicht zuletzt auch im Job.

Einen „Mindset-Experten“ zu Gast zu haben, war auch für uns selbst ein gänzlich neues Terrain und wir waren schon sehr gespannt auf den knapp 40-minütigen Impulsvortrag unseres Referenten. Aber noch bevor Christoph Hirsch sich selbst vorstellte, erklärt er uns erst mal, wie man einen Affen fängt.

Wenn der Affe in die Falle tappt

Warum? Nun, weil ein Affe dumm genug – und vor allem gierig genug – ist, um die als Köder ausgelegte Banane selbst dann nicht mehr loszulassen, wenn seine Hand in der dafür präparierten Falle gefangen ist. „Dummer Affe“ denkt man da, wäre es doch klüger, auf die Beute zu verzichten und sich selbst in Sicherheit zu bringen. Aber schnell machte Chris Hirsch uns klar, dass wir dem „dummen Affen“ nur allzu oft ganz schön ähnlich sind – denn auch wir sind oft nicht bereit, Dinge (oder Gewohnheiten) loszulassen, die uns doch eigentlich ganz offenkundig nicht guttun.

Nun hatte Stress-Experte Hirsch die volle Aufmerksamkeit seines Publikums. Und er hielt noch weitere Beispiele bereit, welche Faktoren im Alltag Stress in uns auslösen – etwa eine zu hohe Arbeitslast, zu viele Termine und Verpflichtungen (auch Freizeitstress), hohe Ansprüche an uns selbst, Situationen im Straßenverkehr oder nicht zuletzt die ständige Erreichbarkeit. Laut einer Untersuchung der Techniker Krankenkasse sind diese Faktoren heute bei den meisten Menschen Stressauslöser Nr. 1.

Quelle: TK-Studie 2016

Auch private Herausforderungen und Sorgen wie Krankheit, Streit, finanzielle Nöte, die Pflege oder der Verlust nahestehender Menschen lösen Stress in uns aus. Hochrechnungen zufolge leiden mindestens zwei Drittel aller Deutschen unter Stress, die Quote der stressbedingten Erkrankungen liegt sogar weit über der Zahl an Krebserkrankungen. Stressbedingte Krankheiten wie Burnout und Depressionen verursachen lange Ausfallzeiten und sind Hauptfaktor für Frühverrentung. Auf diese Weise ist Stress längst nicht mehr nur ein persönliches Risiko, sondern zu einem handfesten wirtschaftlichen Risiko geworden.

Oft werden wir erst dann aufmerksam, wenn es bereits zu spät ist und Burnout und Depression bereits entstanden sind

Das Perfide dabei: Im Alltag gewinnt man manchmal den Eindruck, „Stress“ gehöre schon fast zum guten Ton. Der eigene Stresslevel ist zum Statussymbol geworden. Wer viel Stress hat, ist wichtig. Wer keinen Stress hat, hat offenbar nichts zu tun. Es ist also „normal“ Stress zu haben.

„Der Hauptgrund für Stress ist der tägliche Kontakt mit Idioten!“
Albert Einstein

Dabei gibt es den Begriff „Stress“ streng genommen erst seit den 1930er Jahren: Hans Seyle entdeckte damals das Stresshormon Cortisol und gilt heute als Vorreiter der Stressforschung. Dank seiner Arbeiten und der von mittlerweile zahlreichen Experten fortgeführten Stressforschung wissen wir heute viel mehr darüber, was unter Stress in unserem Körper passiert und wo dieser Prozess entsteht.

Das Überraschende: Eigentlich ist Stress sogar etwas Gutes!

Ursprünglich waren es reale Gefahrensituationen, die Stressmechanismen in uns ausgelöst und unseren Körper in Alarmsituation versetzt haben – etwa die Begegnung mit einem wilden Tier. Unser Gehirn schüttet in solchen Situationen große Mengen an Cortisol und Adrenalin aus. In dieser Anfangsphase fühlt sich Stress sogar erst mal richtig gut an: Wir werden leistungsfähiger, konzentrierter und entscheidungsfähiger. Das waren ursprünglich auch ganz elementare Fähigkeiten, die unser Überleben gesichert haben. Nur dass wir damals gegen ganz andere Gefahren zu kämpfen hatten als heute …

Stress ist also eigentlich etwas Positives, ein „Booster“ für das vegetative Nervensystem. Zum Problem wird Stress erst dann, wenn er zum Dauerzustand ausartet oder der „Booster“ zu oft aktiviert wird. Denn wenn unser Körper die ausgeschütteten Stresshormone nicht mehr abbauen kann, dann werden diese toxisch. Hirnforscher haben nachgewiesen, dass das Stresshormon Cortisol sogar Gehirnzellen schädigt. Und genau deshalb ist zu viel Stress auch so gefährlich.

Stress beginnt im Gehirn – und genau da können wir ihn auch steuern.

Unser Gehirn kann bis zu 400 Billionen Bits an Informationen pro Sekunde verarbeiten – aber gerade einmal 2.000 davon sind uns überhaupt bewusst. Der Mindset-Experte vergleicht das mit der Spitze eines Eisbergs: Der weitaus größere Teil liegt unter der Oberfläche, und dort wirken auch wesentlich größere Kräfte. Wir müssen also lernen, unser Unterbewusstsein zu beeinflussen, es neu zu programmieren.

Wie das funktioniert, das ist eines der zentralen Themen in Christoph Hirschs Seminaren und Workshops – dann, wenn der Stressexperte als Mental-Coach zum Einsatz kommt. Unser Unterbewusstsein, das „Stresszentrum“ im Gehirn, können wir ganz über unsere Gedanken steuern, über unsere Vorstellungskraft. Eine Fähigkeit, die man gezielt trainieren kann.

Um diesen Prozess mit einem praktischen Beispiel zu verdeutlichen, bat unser Referent alle Zuschauern, einmal kurz aufzustehen, den rechten Arm auszustrecken und so weit wie möglich nach hinten zu drehen. Danach sollten alle Teilnehmer die Augen schließen, sich gedanklich vorstellen, sie würden mit Leichtigkeit noch viel weiter mit dem Arm kommen, ehe sie die Augen öffnen und es erneut versuchen sollten. Verblüffend: Fast alle Teilnehmer kamen beim zweiten Versuch tatsächlich erheblich weiter mit dem Arm nach hinten. Alleine durch die Kraft ihrer Gedanken.

„Egal ob du glaubst, du schaffst es oder du schaffst es nicht –
du wirst in jedem Fall Recht behalten.“
Henry Ford

Diese Technik wird auch im Spitzensport eingesetzt: Nur wer sich seine eigene Leistung, seinen Sieg gedanklich vorstellen kann, der kann ihn auch erreichen. „Deine Grenzen sind nicht dort, wo du sie vermutest“ gab Christoph Hirsch zu bedenken und fragte provokativ: „Wer entscheidet, ob du Stress hast oder nicht?“ Ganz klar: „Du selbst!“

Fünf Tipps für den persönlichen Umgang mit Stress

Zum Abschluss seines Beitrags gab Christoph Hirsch seinen Zuhörern dann noch ein paar Tipps für den Alltag mit an die Hand:

    • Beobachte dich selbst und hinterfrage die Gründe, die in dir Stress auslösen.
    • Setze dich selbst auf deine Todo-Liste und nimm dir ganz bewusst Zeit für dich selbst.
    • Achte darauf, mit welchen Informationen du dein Gehirn fütterst.
    • Führe eine Done-Liste oder ein Erfolgstagebuch und lobe dich selbst für das, was du erreicht hast.
    • Nutze mentale Techniken wie Visualisierung, Meditation und Atemtechniken, um dich in akuten Stresssituationen selbst runter zu kühlen.

Natürlich gibt es im Alltag auch immer wieder Situationen, in denen wir nur bedingt Einfluss auf unseren eigenen Stresslevel haben, weiß auch Chris Hirsch und gab den Ball wieder an die anwesenden Zuschauer ab: Denn gerade im Job müssen auch die äußeren Rahmenbedingungen passen, müssen Pausen und Überstundenabbau ermöglicht, Wissen geteilt und Mitarbeiter auch mal gelobt werden. Stressvermeidung muss also auch im Betriebsalltag umgesetzt werden – doch darüber durfte beim anschließenden Weißwurst-Frühstück dann noch intensiv weiterdiskutiert werden.

Super Fazit für einen gelungenen „Tellerrand-Blick“

Das Fazit der Gäste fiel eindeutig aus: Toller Beitrag, toller Referent und ein echter Mehrwert für alle Beteiligten. „Man hätte ihm gerne noch länger zugehört“, so der Tenor. Natürlich konnte Christoph Hirsch dieses spannende Thema im Rahmen des Trachtendienstags nur kurz anreißen. Ein Grund, weshalb auch levigo nun darüber nachdenkt, ihn ein zweites Mal für einen intensiveren Mitarbeiter-Workshop einzuladen.

Und auch der Blick über den Tellerrand kam bei den Gästen gut an. Diese würden sich auch in Zukunft mehr „fachfremde“ Beiträge beim Trachtendienstag wünschen. Nun, wir arbeiten dran. 🙂